Interview mit Young Professionals Application Day Sieger Joe Slatter

Design für die Gesundheit: Revolutionierung von Ohruntersuchungen mit Oto

Oto ist ein intelligentes Otoskop, das dank einer integrierten KI-Kamera genauere Ohruntersuchungen ermöglicht und medizinisches Fachpersonal bei der Diagnosestellung unterstützt. Es erleichtert die Speicherung von Daten in elektronischen Gesundheitsakten und fördert durch Bildfreigabe eine kollaborative Diagnose. Das Design vereint Komfort, Kontrolle und Präzision.

Im Interview spricht Oto‘s Designer Joe Slatter über die Philosophie und Herausforderungen bei der Gestaltung medizinischer Geräte. Er teilt seine Ansichten zu den wichtigsten Designelementen von Oto, den Einfluss von medizinischem Fachpersonal auf das Projekt und seine Begeisterung für das Red Dot Design Museum Essen.

Red Dot: Welche Philosophien verfolgen Sie bei der Gestaltung eines Projekts wie Oto, das mit einem Red Dot ausgezeichnet wurde?

Joe Slatter: Ich beginne oft damit, die „Feinde“ eines Projekts zu identifizieren – die wesentlichen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Diese reichen von allgemeinen Problemen, wie Oto‘s Fokus auf die Bekämpfung ungenauer Diagnosen von Ohrenentzündungen und deren Auswirkung auf die Antibiotikaresistenz, bis hin zu spezifischeren Hürden, wie der falschen Handhabung des Geräts oder Schwierigkeiten beim Hochladen von Beobachtungen in Patientennotizen. Indem ich diese Probleme in kleinere Teile zerlege, kann ich das große Ganze im Blick behalten und Lösungen entwickeln, ohne voreilig auf festgelegte Designergebnisse zuzusteuern.

Auf welchen Teil Ihres Designs sind Sie besonders stolz oder was macht es für Sie besonders bedeutsam?

Besonders bei Oto als Projekt bin ich stolz darauf, dass das Design das Potenzial hat, einen echten Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen zu nehmen. Die Motivation bei der Arbeit an medizinischen Projekten entsteht aus dem Wissen, dass die Lösungen, die wir entwickeln, das Leben wirklich verbessern können, vielleicht sogar mein eigenes oder das meiner Lieben, sollten sie in Zukunft in einer Gesundheitseinrichtung mit dem Gerät in Berührung kommen.

Gab es bahnbrechende Momente, die Ihr Projekt geprägt haben?

Etwa in der Mitte des Designprozesses erlebte das Projekt einen entscheidenden Wendepunkt in Bezug auf seine Form und das Industriedesign. Anfangs lag der Schwerpunkt auf der Erkundung einer völlig neuen Form und Handhabung des Otoskops, um den Benutzern eine andere Art der Anwendung zu bieten. Doch als wir Schaumstoffmodelle dieser ersten Konzepte ins Queen‘s Hospital in Nottingham brachten, um Feedback von HNO-Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten einzuholen, änderte sich die Ausrichtung des Projekts grundlegend. Ihre Reaktion war ausschlaggebend; sie bevorzugten ein Design, das sich vertraut anfühlte, ähnlich dem, mit dem sie ausgebildet worden waren. Ab diesem Moment lag der Fokus darauf, eine traditionellere Form zu verfeinern, die ergonomisch verbessert wurde, um eine bessere Gewichtsverteilung und Mikrokontrolle bei der Untersuchung des Ohrs zu ermöglichen.

Hatten Sie Mentorinnen und Mentoren oder Kolleginnen und Kollegen, die Ihre Vision unterstützten oder Ihre Ideen in Frage stellten? 

Medizinische Fachkräfte spielten während des gesamten Projekts eine zentrale Rolle bei der Gestaltung des Designs und der Hinterfragung meiner Konzepte. Durch persönliche Interviews, Prototyp-Reviews, telefonische Beratungen und Online-Umfragen mit Fachleuten aus der ganzen Welt war ihr Feedback in jeder Phase von entscheidender Bedeutung. Der fortlaufende Dialog stellte sicher, dass das Design kontinuierlich an die tatsächlichen klinischen Anforderungen angepasst wurde. Ihre Einsichten, besonders hinsichtlich Ergonomie, Benutzerfreundlichkeit und Funktionalität, waren entscheidend für die Verfeinerung der Gerätekonstruktion.

Wie halten Sie sich als Young Professional über Designtrends auf dem Laufenden und stellen gleichzeitig sicher, dass Ihre Arbeit als innovativ und einzigartig heraussticht?

Ich denke, es ist wichtig, Designtrends nicht als etwas zu sehen, dem man zwangsläufig folgen muss, sondern eher als einen allgemeinen Hinweis auf die Richtung, in die sich die Gesellschaft bewegt und was sie erwartet. Wenn man sich zu stark auf das Nachahmen von Designtrends verlässt, kann die Arbeit schnell veraltet wirken. Stattdessen lege ich den Fokus darauf, mich von anderen Bereichen wie Musik, Werbung und aktuellen Themen im Allgemeinen inspirieren zu lassen.

Welche Art von Projekten oder Branchen begeistern Sie für die Zukunft?

Ich finde das Potenzial für hyperpersonalisierte Produkte faszinierend, die auf die Art und Weise reagieren, wie Konsumenten heute individuelle digitale Inhalte erwarten. Da digitale Erlebnisse immer stärker auf den Einzelnen zugeschnitten werden, bin ich überzeugt, dass dieser Trend auch auf physische Produkte übergreifen wird. Die Zukunft des Designs könnte darin liegen, dass Gegenstände in unseren Haushalten für spezielle Zielgruppen gefertigt werden, mit einem klaren Fokus auf persönlichem Ausdruck.

Wie hat die Teilnahme am Red Dot Award: Product Design Ihre Karriere als Young Professional beeinflusst?

Die Teilnahme am Red Dot Award war eine Ehre, besonders im Rahmen des Young Professionals-Programms, das die Wettbewerbsbedingungen zwischen aufstrebenden Designerinnen und Designern wie mir und etablierten internationalen Unternehmen ausgleicht.

Wie hat Ihnen das Red Dot Design Museum gefallen, als Sie zur Preisverleihung kamen? 

Ich war unglaublich beeindruckt von der Sorgfalt und der Liebe zum Detail, die hinter jedem ausgestellten Produkt steckte. Es war mein erster Besuch, und im Gegensatz zu anderen großen Designausstellungen, bei denen ich oft das Gefühl habe, von dem konsumgetriebenen Drang, immer mehr zu produzieren, überwältigt zu werden, hat mich die Atmosphäre im Red Dot Museum belebt und inspiriert. Man konnte deutlich spüren, wie viel Zeit, Mühe und Aufmerksamkeit die Designteams in jedes Produkt investiert hatten, und das war einfach großartig zu sehen.

Young Professionals Application Day am 27. November 2024

Junge Unternehmerinnen und Unternehmer und Designerinnen und Designer, deren Abschluss nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, haben an diesem Tag die Chance, einen von 50 kostenfreien Anmeldeplätzen für den Red Dot Award: Product Design zu gewinnen. Die Produkte der ausgelosten Talente werden gemeinsam mit denen aller anderen Teilnehmer von der Red Dot Jury bewertet. Im Falle einer Auszeichnung profitieren die Nachwuchstalente kostenlos von den umfangreichen Maßnahmen für Red Dot-Sieger, die ihren Erfolg im Wettbewerb international kommunizieren. Weitere Informationen finden Sie hier.

Red Dot Award: Product Design 2025 – die Termine im Überblick

Young Professionals Application Day: 27. November 2024 

Anmeldeschluss Red Dot Award: Product Design 2025: 31. Januar 2025 

Ergebnismitteilung: Anfang April 2025 

Preisverleihung: Dienstag, 8. Juli 2024