Über Motivation & Haltung

Im Gespräch mit Sean Carney – Teil 1

Als Chief Experience Design Officer verantwortet Sean Carney alles, was bei Philips mit dem Thema „Design“ zu tun hat. Burkhard Jacob, Managing Director Red Dot Institute, traf ihn in Eindhoven zum Gespräch. Im ersten von vier Teilen des Interviews berichtet Sean Carney von seiner Motivation, von der seines Teams und von der Haltung, die Philips als Unternehmen vertritt.

Burkhard Jacob: Sean, warum ist Ihre Arbeit bei Philips mehr als nur ein Job für Sie?

Sean Carney: Das Besondere an unserer Arbeit liegt darin, dass wir sehr genau wissen, wofür wir tun, was wir tun, denn wir haben Sinn und Zweck unserer Arbeit immer vor Augen. Mit unserer Arbeit nehmen wir tagtäglich Einfluss auf das Leben von Menschen. Und oft sind dies Menschen, die sich in einer schwierigen Situation befinden: Menschen, die keinen ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung haben, oder solche, bei denen ein medizinischer Eingriff bevorsteht. Gleichzeitig besteht unsere Aufgabe auch darin, Gestaltungslösungen zu entwickeln, die Gesundheitsdienstleister entlasten, indem sie dazu beitragen, den Stress zu reduzieren, dem diese in ihrem Arbeitsalltag ausgesetzt sind. Die Pandemie hat die ohnehin schwierige Lage im Gesundheitswesen noch einmal verstärkt. Deswegen fokussieren wir uns darauf, das Pflegepersonal und die Klinikbetreiber zu unterstützen. Bei Philips Experience Design erleben wir diese Herausforderungen nicht nur hautnah mit, sondern haben auch die Chance, an ganz konkreten Lösungen für diese Probleme mitzuarbeiten. Das ist unglaublich motivierend.

Sean Carney, Chief Experience Design Officer

„Erst wenn man Problemlöser wie Designer und Ingenieure mit den Nutzern zusammenbringt, entsteht wahre Magie ... Deshalb war ich immer der Überzeugung, dass Designer an den Ort des Geschehens müssen.“

Ist dies auch eine Motivation für die Designer des Experience Design Teams?

Unbedingt. Ich vermute, dass jeder Designer, den Sie im Laufe des Tages getroffen haben, die Bedeutung, den Sinn und den Nutzen seiner jeweiligen Arbeit betont hat. Tatsächlich ist eine der häufigsten Beschwerden, mit denen die Designer zu mir kommen, dass sie gerne noch mehr und engeren Kontakt zum Kunden hätten. Wenn sie könnten, würden sie wohl am liebsten mit den Ärzten und Patienten zusammenleben. Und wir ermöglichen das, wann immer es geht. Aber natürlich passt es nicht immer, der normale Klinikbetrieb geht vor.

Letztlich möchten wir erreichen, dass unsere Designer eben nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Klinikärzten, Pflegepersonal, Patienten und dem Krankenhausmanagement vereinfachen. Stattdessen sollen sie zum „Kitt“ werden, der diese unterschiedlichen Akteure zusammenhält und so zu einem einzigen großen Team werden lässt – und dabei den Fokus auf das eigentliche Ziel lenken: die gemeinsame Entwicklung nachhaltiger, skalierbarer Lösungen.

Was befeuert Ihre Überzeugung, Designer mitten ins Geschehen zu schicken?

Das lässt sich auf einen der Schlüsselmomente meiner Karriere zurückführen: Vor 25 Jahren habe ich einen Artikel von Dorothy Edwards über empathisches Design im Harvard Business Review gelesen. Die These lautete: Es gibt Menschen mit Problemen und es gibt Menschen, die Probleme lösen können. – Wäre es nicht großartig, wenn wir diese Leute einfach zusammenbringen könnten? Je mehr Menschen und Einrichtungen zusammenkommen, um die Bedürfnisse und Probleme von Nutzern zu analysieren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Fehlinterpretationen und falschen Annahmen. Erst wenn man Problemlöser wie Designer und Ingenieure mit den Nutzern zusammenbringt, entsteht wahre Magie ... Deshalb war ich immer der Überzeugung, dass Designer an den Ort des Geschehens müssen. Es bringt nichts, im Elfenbeinturm zu sitzen und zu gestalten – wir müssen den Kontext wirklich verstehen.

Ist diese Haltung, vor allem im Hinblick auf die Geschichte des Unternehmens, typisch für Philips?

Ich denke, das ist das Schöne an dem, worauf ich mit meiner Arbeit aufbauen konnte: Das Vermächtnis Stefano Marzanos war ein Gestaltungsansatz, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht – das war die Essenz seiner Designphilosophie. Wir haben diesen Ansatz weiterentwickelt und auf eine neue Ebene gehoben. Es ist entscheidend, die Zusammenhänge im Gesundheitswesen zu verstehen – und um dazu in der Lage zu sein, müssen unsere Designer wirklich vor Ort sein, beobachten und selbst miterleben, wie die Realität von Ärzten und Patienten aussieht, anstatt einfach nur ein Briefing entgegenzunehmen. Diese Herangehensweise hilft dabei, Empathie in der Designabteilung herzustellen und darauf aufbauend relevante und wirkungsvolle Lösungen zu entwickeln.

Ehrentitel „Red Dot: Design Team of the Year“ für notwendige und innovative Technologien

Philips setzt den eigenen Anspruch an die Multidisziplinarität im Design nicht nur vorbildlich um, sondern bietet als eines von wenigen Unternehmen weltweit auch Lösungen für die drängenden Fragen des 21. Jahrhunderts. Angesichts einer alternden Bevölkerung, der Zunahme chronischer Erkrankungen, drohender Pandemien und steigender Ausgaben für die Gesundheitsversorgung dürften die strategische Neuausrichtung und Neupositionierung von Philips als einem führenden Unternehmen der Gesundheitstechnologie Signalwirkung haben.

Das Philips Experience Design Team led by Sean Carney setzt diese Ideale und Ideen mithilfe innovativer Technologien um. Dabei wird immer vom späteren praktischen Einsatz des Produktes her gedacht. So entstehen Geräte, die in Anwendung und Bedienung intuitiv und einfach, gleichzeitig im Ergebnis wirkungs- und sinnvoll sind.

Diese Leistung bringt dem Designteam den Ehrentitel „Red Dot: Design Team of the Year 2022“ ein. Damit tritt Sean Carney mit seinem Team die Nachfolge von Studio F. A. Porsche an.