
Interview mit
Hyundai ist ein Phänomen in der Automobilwelt. Während viele traditionsreiche Hersteller ihre Wurzeln über ein Jahrhundert zurückverfolgen, hat sich die südkoreanische Marke seit ihrer Gründung im Jahr 1967 in atemberaubendem Tempo zu einem der größten Autobauer der Welt entwickelt. Was mit einem bescheidenen Lizenzbau des Ford Cortina begann, entwickelte sich in Rekordzeit zu einem globalen Automobilgiganten. Heute gehört Hyundai nicht nur zu den größten Automobilherstellern der Welt, sondern setzt Maßstäbe in den Bereichen alternative Antriebe, autonomes Fahren und futuristisches Design. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Markenkommunikation wider. Hyundai setzt auf eine interessante Balance zwischen Vergangenheit und Zukunft - ein Konzept, das große Anerkennung im Red Dot Award gefunden hat: die beiden Kampagnen „The ad that should have been“ und „Hyundai gets its driver‘s license“ wurden im Red Dot Award: Brands & Communication Design 2024 mit einem Red Dot: Best of the Best ausgezeichnet.
Maßgeblich beteiligt an diesem Erfolg ist die Kreativagentur Jung von Matt, die mit innovativen, strategisch durchdachten Kampagnen immer wieder Maßstäbe in der Werbewelt setzt. Ihre Fähigkeit, Marken emotional aufzuladen und ihre Botschaften zielgruppengerecht zu inszenieren, hat nicht nur Hyundai, sondern auch zahlreiche andere Marken wie bofrost*, Nike und Mercedes-Benz geprägt.
Manche Werbeanzeigen brauchen Monate zur Fertigstellung – die für das Pony Coupé Concept ließ sich ganze 50 Jahre Zeit. Mit der Kampagne „The Ad That Should Have Been“ gibt Hyundai dem legendären Konzeptfahrzeug endlich die Bühne, die ihm in den 1970er Jahren verwehrt blieb. Das von Giorgetto Giugiaro entworfene Konzeptfahrzeug war seiner Zeit voraus und beeinflusste auch Giugiaros Arbeit am DeLorean, der 1983 vorgestellt wurde und durch den Film „Zurück in die Zukunft“ weltberühmt wurde. Die Printanzeige im Retro-Stil erweckt die fast vergessene Design-Ikone auf humorvolle Weise zum Leben und würdigt das visionäre Fahrzeug, das nie in Serie ging. Und Hyundai geht noch einen Schritt weiter: 2023 ließ der Autobauer das verlorengegangene Konzeptfahrzeugt gemeinsam mit seinem ursprünglichen Designer neu entstehen – als Zeichen der Wertschätzung für das eigene Erbe.
Die kreative Umsetzung dieser Kampagne übernahm die renommierte Agentur Jung von Matt. Sie verwandelte die Geschichte in eine Retro-Werbung, die aussieht, als wäre sie direkt aus den Siebzigerjahren entsprungen. Mit typischen Elementen dieser Ära – von der einladenden Überschrift über ausführliche Texte bis hin zur authentischen Typografie und Körnung – nimmt die Anzeige die Betrachter mit auf eine grafische Zeitreise. Hyundai wollte mit dieser Kampagne zeigen, dass innovatives Denken keine neue Entwicklung ist, sondern von Anfang an Teil der Unternehmensstrategie war.
„Das Wort ‚ikonisch‘ wird heutzutage oft verwendet, aber das Pony Coupé Concept hat es wirklich verdient. Man muss sich nur die Sportwagenentwürfe aus den Jahren nach seiner Entwicklung ansehen, um zu verstehen, wie viel Einfluss dieses Modell hatte“, so Jung von Matt im Interview mit Red Dot. „Für uns war es aufregend, eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht erzählt worden war, über ein Auto, dessen Geschichte es wert war, erzählt zu werden.“
Während „The ad that should have been“ die Vergangenheit zelebriert, richtet sich „Hyundai gets its driver‘s license“ in die Zukunft. In dieser emotionalen Online-Kampagne unterzieht sich das autonome Fahrzeug „Ioniq 5 Robotaxi“ einem klassischen Führerscheintest – und besteht mit Bravour.
Die Kampagne demonstriert nicht nur die Fortschritte von Hyundai im Bereich autonomer Fahrtechnologien, sondern schafft auch Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieser Innovationen. Da laut Untersuchungen über 70 Prozent der Menschen skeptisch gegenüber autonomen Fahrzeugen sind, setzte Jung von Matt auf einen kreativen Ansatz: Der selbstfahrende Hyundai Ioniq 5 musste eine echte, international anerkannte Fahrprüfung ablegen – mit einer renommierten Fahrprüferin, die für ihre besonders strengen Bewertungen bekannt ist.
„Die Herausforderung bestand darin, Vertrauen zu schaffen“, erläutert Jung von Matt. „Da viele Menschen die technischen Tests, die autonome Fahrtechnologie durchläuft, nicht verstehen, haben wir uns für einen Test entschieden, den fast jeder mindestens einmal in seinem Leben erlebt hat. Wir ließen das Robotaxi eine international anerkannte Fahrprüfung absolvieren – mit einer lokalen Fahrprüferin, die einen hervorragenden Ruf hat, aber auch die höchste Durchfallquote.“
Der Test wurde nicht nur gefilmt, sondern weltweit geteilt – so konnten die Zuschauer den Prüfungsprozess hautnah miterleben. Das Ergebnis? Viele begannen, ihre Sicht auf die autonome Fahrtechnologie zu hinterfragen – und neu zu denken. Die mehrstufige Kampagne entwickelte sich zu einem viralen Erfolg mit über 145 Millionen Impressionen und 62 Millionen Views. „In der heutigen Welt, in der Menschen freien und unbegrenzten Zugang zu Daten und Nachrichten haben, ist es entscheidend, dass Unternehmenskommunikation auf Fakten basiert“, so Jung von Matt. „Sie muss auf realen, überprüfbaren Erkenntnissen beruhen – nicht nur auf Intuition.“
Mit diesen beiden Kampagnen unterstreicht Hyundai seine Position als Marke, die gleichermaßen von ihrer Vergangenheit inspiriert, wie auf die Zukunft ausgerichtet ist. Während „The ad that should have been“ das Design-Erbe zelebriert, macht „Hyundai gets its driver‘s license“ technologische Fortschritte erlebbar. Diese strategische Verbindung aus Nostalgie und Innovation stärkt das Markenimage und zeigt, dass Hyundai seine Vergangenheit ehrt und aktiv die Zukunft gestaltet.