Über Überraschungseffekte, klassische Materialien und Individualität: Interview mit Schmuckdesignerin Saskia Diez
Ein herausragendes wie individuelles Design ist insbesondere bei Schmuck mit seinem ästhetischen Schwerpunkt essentiell. Dass die Herausforderung hier in der Innovation liegt, weiß Saskia Diez, Schmuckdesignerin und Mitglied der Red Dot Jury 2019. Die gelernte Goldschmiedin gestaltet für ihr eigenes Label, welches sie 2007 gründete. Dabei stellt sie nicht nur klassischen Schmuck her, sondern legt ihr Augenmerk zusätzlich auf unsichtbare Accessoires wie Parfüm und neue Materialien für Taschen, Sonnenbrillen und Nagellacke.
Während der Jury Session unterziehen die hochkarätigen Experten die angemeldeten Produkte einer eingehenden Prüfung. Wie sie mit unterschiedlichen Ansichten während dieses Vorgangs umgegangen ist, ob sich ein Schmuckstück besonders hervorgetan hat und woran hochwertiger Schmuck zu erkennen ist, erzählt Saskia Diez im Interview mit Red Dot.
Red Dot: Wie erkennen Sie hochwertigen Schmuck?
Saskia Diez: Ich schaue mit einem Produktions- und einem handwerklichen Auge auf die Einreichungen. Man erkennt ein gutes Schmuckstück daran, wie es gemacht ist – beispielsweise wie die Kanten verarbeitet sind, wie die Oberflächen sind, wie das Finish aussieht und wie die Rückseite ist.
Wie gehen Sie bei der Bewertung vor? Sind Sie einem bestimmten Prozess gefolgt?
Wir haben versucht, nicht zu sehr danach zu gehen, was uns gefällt, a lá „Das würde ich selber tragen“. Wir haben stattdessen geschaut, wo es einen überraschenden Effekt gab. Es gab beispielsweise ein Projekt mit kleinen Innovationen, was bei Schmuck nicht so einfach ist. Schmuck ist ein altes Thema und was Formen angeht, wurde im Grunde schon alles gemacht. Aber bei dem Projekt „Ultra-Lightweight Laser-Cut Tube Jewellery“ von der Titan Company war es so, dass sie eine spezielle Legierung entwickelt haben, die besonders dünn gearbeitet werden kann und die enorm biegsam ist, ohne dass sie bricht. Dann haben sie spezielle Rohre entwickelt, wo man besonders dünnwandig werden kann. Hier muss man einfach sagen, dass es wirklich eine Entwicklung dahinter gibt. Das finde ich sehr faszinierend.
Wie sind Sie in der Jury zu einer gemeinsamen Entscheidung gekommen?
Manchmal haben wir unterschiedliche Sichtweisen gehabt. Wir waren uns aber meistens einig, das war nicht so schwer. Es ist durchaus so, dass man dann argumentiert, wenn man der Meinung ist, dass in einem Projekt etwas Besonderes steckt. In dem Moment, in dem man seinen Standpunkt gut belegen kann oder gut erläutert, ist es ein gutes Argument, was die anderen überzeugen kann.
Ist Ihnen ein ganz besonderes Schmuckstück in Erinnerung geblieben, das Sie ausgezeichnet haben?
Ja, durchaus. Das Schmuckprojekt aus Indien, welches ich bereits erwähnte und bei dem wirklich etwas ausprobiert wurde, war großartig. Es ist angelehnt an das, was indischen Schmuck ausmacht, aber es wurde geschaut, wie man noch dünner werden und wie man das Material noch besser und sparsamer einsetzen kann. Auch die Integration von Laserschnitt und die Einarbeitung von Ornamentik, gepaart mit einer klassischen Formensprache oder mit einem klassischen Ornamentverständnis von dort, fand ich gut.
Man sagt ja immer „Diamonds are a girl‘s best friend.“ Gilt das heute immer noch? Oder gibt es andere Materialtrends?
Es gibt klassische Materialien, wie Perlen, Gold oder Diamanten, Rubine, Smaragde und Saphire, die immer ihre Faszination behalten. Aber Schmuck wird heute an vielen Stellen ganz anders getragen. Es geht oft nicht mehr um dieses „möglichst wertvoll“, „möglichst Show-off“, möglichst einen „Code“ zu verwenden, den alle anderen dann auch verstehen. Es hat sich viel getan in der Hinsicht, dass Schmuck viel individueller getragen wird, um etwas Eigenes oder eine Eigenheit zu kommunizieren und sich abzugrenzen. Deshalb hat diese Mitverarbeitung von klassischen Elementen, die ich vorhin genannt habe, durchaus nachgelassen. Aber natürlich sind Brillianz und Glanz immer ein großer Bestandteil im Schmücken an sich.
Preisverleihung am 8. Juli
Die Designer und Hersteller der Schmuckstücke, die Saskia Diez und ihre Jury-Kollegen mit einer Auszeichnung prämierten, werden am 8. Juli im Rahmen der Preisverleihung geehrt. Neben den Siegern der Kategorie „Schmuck“ werden auch die Preisträger der weiteren 47 Kategorien im Rahmen der Red Dot Gala und der anschließenden Designers‘ Night gefeiert. Die Aftershow-Party, die im Red Dot Design Museum Essen stattfindet, lädt nicht nur zum Netzwerken und Tanzen ein, sondern auch zum Entdecken der siegreichen Produkte: Die Gäste können sich exklusiv vor dem offiziellen Start am 12. Juli die drei Sonderausstellungen zum State of the Art im Produktdesign ansehen.