Mila Weger
Ein minimalistischer Stil, gepaart mit viel Fingerspitzengefühl für Typographie und Fotografie, zeichnet die Arbeiten der österreichischen Designerin Mila Weger aus: Nach Stationen in Los Angeles und Tel Aviv zog es die Kreative wieder nach Österreich, wo ihre Leidenschaft für analoge Drucktechniken individuelle Markenauftritte, raffinierte Packagings sowie sehenswerte analog sowie digital Editorial-Projekte hervorbringt. In ihrem Buch „Think Responsibly“ widmete sie sich ganz der Faszination des Buchdrucks – digital entworfen und mit viel Liebe zum Detail analog umgesetzt.
Interview mit Mila Weger
Red Dot: Sie untertiteln Ihr Buch mit „Eine Liebeserklärung an den Buchdruck“. Wann haben Sie Ihre persönliche Liebe zu ihm entdeckt?
Mila Weger: Mit dem ersten Betreten der alten Buchdruckerei Bauer. Das Knarren der alten Dielen beim Betreten der Setzerei, der Geruch von Restfarbe des letzten Drucks auf Walzen, der Anblick von hundert Jahre alten Lettern, fein säuberlich geordnet in den Setzkästen, darauf wartend, einzigartige Drucke zu erschaffen.
Sind Sie dabei auf etwas gestoßen, das Sie überrascht hat?
Auf die Erfahrung, allein durch das Setzen eine Schrift auf neue Art zu interpretieren – so ist es doch der Abstand zwischen den Buchstaben, der eine Typographie erst zum Leben erweckt.
Kommen analoge Handwerkstechniken in der Designausbildung Ihrer Meinung nach zu kurz?
Aus meiner Erfahrung würde ich das bejahen. Otl Aicher hat es einst schön ausgedrückt: Durch praktische Umsetzung wird die Theorie besser begriffen. Zu oft wird der Designprozess ausschließlich digital gelehrt, wodurch drei der fünf Sinne nicht miteinbezogen werden. Es wäre bereichernd und sinnvoll, wenn man Handwerkstechniken wieder verstärkt in die Designausbildung integrieren würde, um den Studierenden einen ganzheitlichen Zugang zum Gestaltungsprozess zu ermöglichen. Denn wer den Grundaufbau der Gestaltung versteht, kann mit ihr spielen.
Was bedeutet für Sie persönlich Materialität und Haptik?
Ich sehe Haptik und Materialität wie Licht und Schatten in der Fotografie – die Abbildung bekommt erst dadurch Dimension. Im richtigen Einsatz lässt ein harmonisches Zusammenspiel das Design Geschichten erzählen. Oft bedarf es nicht einmal eines Mehrkostenaufwands, sondern nur ein Gespür für die Wirkung von Materialien in Verbindung mit Form und Design, um die Sinne zu verführen.
Kann das Verständnis für Druckabläufe auch die eigene Arbeit als Gestalter verständlicher machen? – Zeigt es vielleicht sogar neue Möglichkeiten auf?
Erst durch das Erlernen der praktischen Techniken wird das Verständnis dafür geschaffen, wie Visionen realisiert werden können. Was im ersten Moment trivial klingt, gilt gerade in Zeiten, in denen sich Designer beinahe ausschließlich den Vorzügen digitaler Arbeitsmethoden hingeben, als essenzieller Vorteil. Bin ich mir im Klaren darüber, wie mein Design umgesetzt werden kann, eröffnet es der Kreativität mehr Freiheiten.