Atelier Walter Oczlon
Walter Oczlon studierte an der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien Fotografie und Gebrauchsgraphik und besuchte die Meisterklasse Fotografie. Dies mag den Grundstein für seine berufliche Laufbahn gelegt haben – die Antriebsfeder jedoch ist reine Passion. Seit 1979 betreibt Walter Oczlon sein eigenes Atelier in St. Johann und Salzburg – ein erfolgreiches Unternehmen, das ihm inzwischen die Freiheit gibt, lang gehegte Projekte zu verwirklichen. Diese stecken nicht selten zwischen zwei Buchdeckeln, natürlich nicht in beliebiger Form: Walter Oczlon ist ein Perfektionist mit Leidenschaft für die Kunst der Buchgestaltung, für Materialität und für das Handwerk.
So ist auch „Verhüllungen“ keine Fast-Food-Literatur, sondern will Seite für Seite entdeckt werden. Handelt es sich doch um ein 31 Meter langes Leporello, für das er Hüllen aller Art im öffentlichen Raum mit der Kamera festhielt. „Die Fotografie ist meine Freude. Das Büchermachen ist meine Leidenschaft“, so Walter Oczlon, der ebenso enthusiastisch von der Zusammenarbeit mit dem Buchbinder erzählt. Musste dieser doch äußerst akribisch vorgehen und schließlich von Hand für die Bindung sorgen. Das Ergebnis ist ein gestalterisch und drucktechnisch eindrucksvolles Werk, das belegt, wie sehr das Analoge gerade in digitalen Zeiten berühren kann. Zeitlos und jede Verhüllung überdauernd.
Interview mit Atelier Walter Oczlon
Red Dot: Über welchen Zeitraum entstanden die Fotografien für „Verhüllungen“?
Atelier Walter Oczlon: Die meisten hiervon innerhalb von drei Jahren. Dass es bei diesem Thema so viel Neues zu sehen und zu entdecken geben würde, ahnte ich anfangs nicht.
Hatten Sie von Beginn an ein Buchprojekt im Kopf?
Ja! Schritt für Schritt, Motiv für Motiv begann ich mich konzeptionell und fotografisch intensiver mit dem Projekt auseinanderzusetzen und gleichzeitig das Buchkonzept zu erarbeiten. Dabei war es mein Ziel, dem fotografischen Thema einen adäquaten Rahmen zu geben. Durch die Präsentation der Bilder in einem langen Leporello wurde das Buch selbst zum Verhüllungsobjekt – und einmal entfaltet, verwandelt es sich zum wandfüllenden Exponat.
Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie aus der Fülle der Fotografien Ihre Auswahl getroffen?
Prinzipiell ist für mich die Auswahl und damit auch die Abwahl eigener Bilder ein höchst emotionaler, nicht objektivierbarer und fast schmerzlicher Prozess. Da ich das Leporello immer auch als Gesamtbild sah, war die Bildauswahl und Abfolge stark durch das Miteinander und das Zueinander der Motive geprägt. Die Auswahl erleichterte ich mir, indem ich die Bilder rundum an die Wand heftete oder die bedruckten Papierbahnen auf dem Fußboden auslegte.
Letztlich entstand ein 31 Meter langes Leporello. War Ihnen bewusst, dass dies ein buchbinderischer Wahnsinn werden wird?
Nein und ja. Meine ersten selbst gefalteten Blindmuster waren sehr vielversprechend. Aber die waren ja auch nur drei Meter lang. Mit zunehmender Länge stieg die Herausforderung. Es war für uns alle – den Drucker, den Buchbinder und mich – ein absolutes Neuland und es gab keine Referenzobjekte. Daher wurde es ein langer Weg mit zahlreichen Blindmustern auf Originalpapier und Diskussionen im Zehntelmillimeterbereich. Letztlich klebte der Buchbindermeister in Handarbeit 39 exakt gefalzte und gerillte Druckbögen zu einem Leporellobuch – danke!
Das Leporello ist aufwendig mit Sonderfarben gedruckt, auch die Papierwahl wurde sorgfältig getroffen. Wie wichtig ist für Sie Materialität?
Papier ist Optik, Haptik und Geruch! Ich denke, meine Liebe zur Materialität ist bei diesem Buch offensichtlich. Zudem konnte „Verhüllungen“ nur analog realisiert werden – was auch auf viele andere meiner Projekte zutrifft. Es ist einfach schön, dass es neben einer digitalen Welt auch eine griffige Druckwelt gibt!