Red Dot Award: Product Design

Uhrenexperte Gisbert Brunner im Interview

Faszination Uhren: Juror Gisbert Brunner im Interview mit Red Dot

Innovation, hohe Qualität und ausgezeichnete Funktionalität – hierfür stehen Uhren, die im Red Dot Award: Product Design ausgezeichnet werden. In diesem Jahr durften sich zwei Hersteller der Branche über die höchste Auszeichnung des Wettbewerbs, den Red Dot: Best of the Best, freuen: Bvlgari für die Armbanduhr „Octo Finissimo Automatic“ sowie TAG Heuer für die Smartwatch „TAG Heuer Connected Modular 45 Luxury Kit“. Während Erstere die Jury mit einem spannenden Zusammenspiel aus Form und Wahrnehmung sowie einem Titangehäuse mit integriertem Titanband überzeugte, begeisterte Letztere durch die Vielfalt seiner Möglichkeiten. Das TAG Heuer Connected Modular 45 Luxury Kit erlaubt es dem Träger zwischen einer Smartwatch, einem Uhrenmodul mit modernem elektronischem Innenleben und einem hochwertigen Luxus-Automatikwerk mit Tourbillon zu wechseln.

Gemeinsam mit seinen Jury-Kollegen bewertete Red Dot-Juror und Uhrenexperte Gisbert Brunner die eingereichten Zeitmesser. Als Autor ist er unter anderem für Magazine wie Chronos, Handelszeitung, Prestige, Red Bulletin, Terra Mater, Uhren Juwelen Schmuck, das Vectura Magazin und das ZEIT Magazin tätig. Neben den drei Watch Books, in denen Brunner renommierte Uhrenmarken in Wort und Bild präsentiert, veröffentlichte er mehr als 20 weitere Bücher. Im Interview mit Red Dot spricht er über die beiden Red Dot: Best of the Best-Preisträger, den Bewertungsprozess, Trends der Branche und seine Erwartungen an das nächste Wettbewerbsjahr.

 

Red Dot: Wie war die Jurierung?
Brunner:
Ich darf ganz global sagen, dass dieses Jahr das Angebot der eingereichten Uhren um Meilen besser war als in den Jahren zuvor. Wir hatten als Jury eine sehr viel größere Auswahl an interessanten Zeitmessern und es war eine Freude, dass wirklich gute Designs, nicht nur optisch, sondern auch für die haptische Anmutung, dabei waren. Es hat einfach Spaß gemacht, auszuwählen.

Haben sich die Marken geändert oder die Produkte?
Es sind neue, auch hochwertige Marken dazugekommen. Das zeigt, dass mehr Marken erkennen, wie wichtig Red Dot für ihr Image ist. Es sind Unternehmen dabei gewesen, die wir seit Jahren kennen. Aber es sind auch neue Marken dabei.

Wie bewerten Sie eine Uhr während der Jurierung?
Die Jury ist sehr streng. Wir fangen bei der optischen Qualität an. Bei diesem ersten Durchgang bewerten wir, was ein Produkt fürs Auge bietet. Dann kommt die haptische Qualität, wenn man die Uhr anfasst oder an das Handgelenk legt. Als Drittes bewerten wir die funktionale Komponente und die Fertigungsqualität. Wir hatten eine Uhr, die verdammt gut ausgesehen hat, aber man konnte die Krone nicht herausziehen, ohne dass man sich den Fingernagel abbricht. Damit disqualifiziert sich ein Produkt für einen Red Dot und das ist schade.

Sie haben zwei Mal den Red Dot: Best of the Best vergeben. Was war bei den ausgezeichneten Uhren ausschlaggebend?
Die Bulgari Octo ist ein Klassiker. Sie ist im Laufe der Jahre durch zahlreiche Evolutionsstufen gelaufen und war letztes Jahr die flachste Automatikarmbanduhr der Welt. Sie ist jetzt um Nuancen überholt, aber das ändert nichts an der Designqualität. Es kommt hinzu, dass die Uhr ein ultraleichtes Titangehäuse und ein ultraleichtes Titanband hat. Es ist ein Traum so etwas zu tragen. Hinzu kommt die optische Anmutung. Das Achteck, kombiniert mit dem Runden und dem grauen Ziffernblatt, ist eine Freude fürs Auge, aber auch eine Freude fürs Handgelenk. Bei der TAG Heuer hingegen hat man eine ungemeine Vielfalt. In dieser Box hat man unterschiedliche Bänder und Werkzeuge. Man hat, je nachdem, was man tragen möchte, eine Smartwatch mit verschiedenen Ziffernblättern und mit verschiedenen smarten Funktionen. Wenn ich am Abend mit meinen Freunden ins feine Restaurant gehe, tausche ich einfach die Smartwatch durch einen Chronographen aus. Was will ich mehr?

Was erwarten Sie von einer guten Uhr?
Von einer guten Uhr erwarte ich, dass sie die Zeitfunktion erfüllt. Das heißt, dass die Zeit gut ablesbar ist. Wenn ich bei einer Uhr durch die Lupe schauen muss, dann ist die optische Qualität unzureichend. Das Ziffernblatt und die Zeiger machen eine Uhr aus. Deswegen muss auch die Relation zwischen Beidem stimmen. Ich muss dazu sagen, dass das Ziffernblatt bei einer Uhr 80 Prozent des Gesamteindrucks ausmacht. Darüber hinaus müssen Gehäuse und Armband eine Einheit mit dem Ziffernblatt und den Zeigern bilden. Egal ob teuer oder günstig, Quarzwerk oder mechanisches Werk – ich möchte bei einer Uhr Wertigkeit spüren. Diese erschließt sich mir, wenn ich die Uhr als Juror ans Handgelenk lege, oder wenn ich mal an der Krone ziehe. Am Ende zählt das gesamte Produkt und zum Gesamteindruck gehört neben der optischen und der haptischen Qualität auch die technische Ausführung.

Gibt es bestimmte Trends in der Uhrenbranche?
Die Uhrenindustrie setzt sehr stark auf Retro und die Designs der 50er- und 60er-Jahre. Warum? Weil die Branche feststellt, dass der Vintage-Markt unglaublich boomt. Viele Leute kaufen alte Uhren. Der neue Luxus ist Vintage. Natürlich ist das Spektrum an Vintage-Uhren in einem guten Erhaltungszustand begrenzt. Deswegen setzt man auf Uhren im Vintage-Look. Der große Vorteil an diesen Modellen ist, dass sie sich eigentlich nicht überleben. Sie waren 1950 oder 1960 modern, sie sind jetzt wieder modern und in 20 Jahren werden sie wieder in irgendeiner Form modern sein.

Was fasziniert Sie an Uhren?
Was mich an Uhren fasziniert, ist, dass man sie immer dabei haben kann. Als Mann hat man seinen Ehering, seine Manschettenknöpfe und seine Uhr. Meistens schaut man im Laufe des Tages öfter auf die Uhr als in den Spiegel. Deswegen hat die Uhr einen ganz hohen persönlichen Wert für mich. Sie fasziniert mich und ich möchte ohne sie einfach nicht sein.

Was erwarten Sie vom Red Dot Award: Product Design 2019?
Ich erhoffe mir, dass sich durch unsere Jury-Wahl mehr und mehr renommierte Uhrenmarken angesprochen fühlen, mitzumachen. Dass wahrgenommen wird, dass die Jury seriös, mit viel Aufwand, mit viel Liebe und mit viel Diskussion richtige Entscheidungen trifft, gute Produkte aussucht und prämiert.

Einreichung noch bis zum 1. Februar 2019 möglich

Noch nie war die Bandbreite der angebotenen Zeitmesser größer als heute. Uhrenliebhaber dürfen gespannt nach vorne blicken: Wenn Innovation und Experimentierfreude auch künftig die Motoren der Uhrenindustrie bleiben, können sie sich auf völlig neue Erlebnisse am Handgelenk freuen. Designer und Unternehmen haben noch bis zum 1. Februar 2019 Zeit, um ihre neuesten Modelle zum Red Dot Award: Product Design 2019 anzumelden. Die Early-Bird-Phase, bei der sie von einem vergünstigten Anmeldetarif profitieren, läuft noch bis einschließlich 9. November 2018. Neben der Kategorie „Uhren“ stehen den Anmeldern 47 weitere Produktgruppen zur Verfügung – von Wohn- und Sitzmöbeln, über Fahrräder und Fahrradzubehör bis hin zu Medizin- und Robotertechnik.