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„Die Kultur der technischen Zivilisation“ – Interview mit Designer Tõnis Käo

Ultraflache Notebooks und Mobiltelefon-Ikonen? Tõnis Käo hat sie vorausgesehen – und gleich auch das erste deutsche Tastentelefon gestaltet. Nur noch bis zum 3. April 2016 gibt die Ausstellung „Tõnis Käo: ‚Design als Experiment‘, Retrospektive“ einen Überblick über das Lebenswerk des Systemdesign-Pioniers.

Der gebürtige Este feierte als Industriedesigner große Erfolge. Er hat mit seinem Schaffen unser Leben nachhaltig verändert und unseren modernen Lifestyle mitgeprägt. Tõnis Käos Tätigkeit konzentrierte sich stets auf die Gestaltung der Zukunft. Davon zeugen zahlreiche innovative Entwürfe, die Designgeschichte geschrieben haben und in der Sonderausstellung im Red Dot Design Museum zu sehen sind. Im Interview mit Red Dot gewährt Tõnis Käo weitere Einblicke.

Red Dot: In der Ausstellung „Tõnis Käo: ‚Design als Experiment‘, Retrospektive“ wird Ihr Lebenswerk gezeigt. Welche Ihrer Arbeiten ist Ihr Lieblingsstück? Warum?
Tõnis Käo: Ich bin davon überzeugt, dass der Container das wichtigste Designobjekt und die gute Form des 21. Jahrhunderts ist. Container haben eine sinnvolle als auch ästhetische Struktur. Form und Funktion verbinden sie in Perfektion. Zudem ermöglichen sie modulare Strukturen. In Zeiten immer kleiner werdender technologischer Einheiten ist daher das Zusammenfügen zu einem großen Ganzen möglich, ohne dass weitere Anpassungen nötig sind. Mein Lieblingsobjekt in der Ausstellung ist daher die Blackbox. Sie kommt dem Container sehr nahe und symbolisiert die Abstraktion des Elektronikdesigns in Perfektion.

Sie waren auch in der Lehre tätig. Was raten Sie jungen Gestaltern für ihren beruflichen Werdegang?
Studenten und Nachwuchsdesignern empfehle ich: Habt Mut zu verrückten Ideen! Lasst euch nicht von Marktforschern oder Professoren davon abbringen. Haltet an euren Visionen fest und sucht euch mutige Unternehmer, die euch darin unterstützen, sie zu verwirklichen.

Designer prägen mit ihrer Arbeit stark den Alltag der Menschen, insbesondere wenn man an Innovationen denkt. Wie würden Sie die Arbeit von Gestaltern gesellschaftlich verorten?
Als ich selbst noch Student war, haben wir uns als Kulturrevolutionäre verstanden. In den letzten Jahren hingegen haben sich Designer in ihrer Arbeit sehr stark an ökonomischen Aspekten und am Marketing orientiert. Diesen Ansatz halte ich für falsch. Wir sollten uns rückbesinnen und Designer als Kulturschaffende verstehen. Für mich ist Design die Kultur der technischen Zivilisation.