Jury

Thomas Clever

Thomas Clever erwarb nach seinem Bachelor-Abschluss in Grafikdesign an der University of the Arts Utrecht seinen Master in Editorial Design mit Schwerpunkt Datenvisualisierung. 2008 gründete er zusammen mit Gert Franke die Agentur CLEVER°FRANKE, die sich schnell zu einem weltweit führenden Beratungsunternehmen für strategisches Datendesign und Technologie entwickelte. Die Pioniere der Datenvisualisierung und des Informationsdesigns haben mit ihrem auf mittlerweile über 50 Spezialisten angewachsenen Team wegweisende Lösungen für Kunden wie Google, Warner Music Group, Signify, Eurovision Song Contest, Tenable, LGT, UNICEF oder Boeing geschaffen. Zahlreiche internationale Auszeichnungen würdigten bereits ihre Leistungen; 2023 erhielt C°F zudem den Ehrentitel Red Dot: Agency of the Year.
Thomas Clever ist Mitglied des Nominierungsausschusses der Dutch Design Awards in der Kategorie „Junger Designer“ und Co-Founder des Sensor Lab in Utrecht.

Thomas Clever

Red Dot im Interview mit Thomas Clever

Im vergangenen Jahr wurde CLEVER°FRANKE mit dem Red Dot:Agentur des Jahres ausgezeichnet.Wie hat Ihr Team die Auszeichnung aufgenommen?
Es war eine große Überraschung, als wir erfuhren, dass wir zur Agentur des Jahres ernannt wurden. Natürlich waren wir alle sehr stolz, aufgeregt und motiviert, weitere großartige Arbeit zu leisten. Es ist eine Auszeichnung für all die harte Arbeit, die von vielen Menschen über viele Jahre hinweg geleistet wurde. Die Feierlichkeiten in Berlin während und nach der Verleihung sind uns in besonderer Weise in Erinnerung geblieben – unser gesamtes Team war dabei. 

Gab es bei der diesjährigen Jurysitzung eine Arbeit, die Sie besonders überrascht hat?
Wir haben einige Projekte ausgezeichnet, die mich sehr neidisch gemacht haben, aber im positivsten Sinn. Während der Jurysitzung sehen wir so viele Projekte, aber dann kommen welche, die einen einfach umhauen und bei denen man denkt: Ich wünschte, das wäre mir eingefallen. Für mich sind das oft Projekte, die eine Idee oder ein Konzept auf das Wesentliche reduzieren und daraus etwas Erstaunliches entwickeln. 

CLEVER°FRANKE ist auf Informationsdesign und Datenvisualisierung spezialisiert.Nun haben Sie sich bei der Jurysitzung einen guten Überblick über die aktuelle Designszene verschafft:Machen Kreative das Beste aus den Möglichkeiten der Datennutzung?
In unserer Praxis betrachten wir Daten als eine Form von Content, genau wie Text, Bilder und Videos. Der Umgang mit Daten mag für Kreative beängstigend erscheinen, aber sie sind einfach ein Material, das man bearbeiten und seine Schönheit und Bedeutung zeigen kann. Datennutzung ist ein Mindset.
Nach dem, was ich in den Jurysitzungen gesehen habe, würde ich sagen, dass Daten und diese Denkweise immer noch zu wenig genutzt werden, aber das bedeutet nicht, dass es da draußen keine Kreativen gäbe, die großartige Arbeiten mit Daten erstellen. 
Seltsamerweise haben wir diese Denkweise sowie datenbezogene Arbeiten eher bei den Einreichungen für den Junior Award gesehen. Vielleicht ist diese Denkweise bei der neuen Generation von Designern ganz natürlich verankert. 
Aber ich will damit nicht sagen, dass die Kreativen selbst daran schuld sind. Die Kunden müssen mutig sein und ihren Kreativteams vertrauen, sodass sie die bestmögliche Arbeit leisten können. 

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung bei der Entwicklung von digitalen Kommunikationslösungen?
Das ist eine gute, aber schwer zu beantwortende Frage. Es gibt eine Menge beweglicher Parameter, von denen viele miteinander verflochten sind. Digitale Kommunikation muss auf einer Vielzahl von Geräten, in unterschiedlichen Auflösungen, auf diversen Kanälen und mit diversen Technologien funktionieren; nennen wir es die Triade aus Skalierbarkeit, Zugänglichkeit und Sicherheit. 
Ferner wird der Einfluss der künstlichen Intelligenz (KI) in unserem Bereich einen seismischen Wandel in allem, was wir tun, und in der Arbeitsweise unserer Branche bewirken. KI kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, einige der eher technologischen Herausforderungen leichter zu bewältigen. Gleichzeitig wird sie bestimmte Aspekte überflüssig und irrelevant machen. Es liegt an uns Kreativen, die Möglichkeiten dieser neuen Technologien zu ergreifen und sie mit Überzeugung anzuwenden. 

Wie muss eine Website aussehen, damit sie Sie nicht schnell langweilt?
Sie muss das Herz, das Auge und den Verstand ansprechen. Am besten innerhalb von ein paar Sekunden. 

Ihr Team entwickelt auch stets selbst initiierte Projekte.Gibt es etwas Spannendes, an dem Sie gerade arbeiten?
Wir haben dieses Jahr unser "KI-Labor" eröffnet, in dem wir unsere eigene Forschung und Entwicklung in den Bereichen KI, Daten und Design betreiben. Es gibt viele verschiedene Projekte, an denen wir innerhalb dieses Labors arbeiten. Von KI-generierten Datenvisualisierungen bis hin zu Designmustern für KI in datengesteuerten Anwendungen. Wir konzentrieren uns auf Ethik, Transparenz und Zuverlässigkeit von Informationen, bei denen die Visualisierung eine entscheidende Rolle spielt. Gerade haben wir unser erstes KI-generiertes Identitätsprojekt abgeschlossen. Wie Sie also sehen können, glauben wir, dass wir in diesem Bereich eine große Rolle spielen können, und ich bin sehr gespannt auf die Möglichkeiten, die sich hier bieten. 

Werden Sie persönlich jemals von der Datenvisualisierung loslassen?Was ist daran so faszinierend?
Wahrscheinlich nicht. Es ist einfach eine berufliche Prägung, so wie ich auch niemals schlechte Typografie akzeptieren werde. Bei der Datenvisualisierung geht es immer darum, Muster zu entdecken und einen Überblick über etwas scheinbar Komplexes zu schaffen, was immer wieder spannend ist. Sie ermöglicht es, neue Perspektiven einzunehmen und die Komplexität der Welt zu enträtseln. Warum sollte diese Neugierde jemals enden?