Von der Funktionsgestaltung zum Design: 1988 und heute
Produktgestaltungen sind stets Ausdruck ihrer Zeit: Sie stehen in Abhängigkeit zu gesellschaftlichen wie auch technologischen Entwicklungen und Veränderungen, die sich sowohl in der Formensprache als auch in der Farb- und Materialwahl äußern. Aufgrund technischen Fortschritts und einer steigenden Bedeutung des menschlichen Faktors, hat sich Design in vielen Branchen zu einem Schlüsselmerkmal entwickelt und spielt dadurch in vielen Aspekten des Lebens eine wichtige Rolle. Wie sich die Rolle guter Gestaltung für unterschiedliche Produktbereiche entwickelt hat, zeigt sich im Vergleich von Äußerungen aus dem Jahr 1988 und 2015.
1988 wurden die Juroren des Wettbewerbs „Design-Innovationen“ des damaligen Hauses Industrieform gefragt, in welchem Produktbereich das Design-Defizit am größten ist. In einigen Antworten wurden insbesondere öffentliche Verkehrsmittel, städtische Orientierungssysteme oder soziale Wohneinrichtungen genannt. Diese Schlussfolgerungen können auch 27 Jahre später noch bestätigt werden. In einem Gespräch mit dem Interview-Magazin „Galore“ erklärt Prof. Dr. Peter Zec, Initiator und CEO von Red Dot, dass ein Regionalexpress oder ein Güterzug „einfach ‚gemacht‘“ sind und einer reinen „Funktionsgestaltung“ unterliegen. Als Gründe macht der Designexperte fehlende Wahlmöglichkeiten und mangelnde wirtschaftliche Konkurrenz aus: „Im Gegensatz etwa zum ICE, der in Konkurrenz zum Flugzeug steht und Geld verdienen soll, ist der Regionalverkehr ein Basisangebot ohne Alternative. Wo der Kunde keine Wahl hat, brauche ich ihn nicht ästhetisch zu befriedigen.“ Ein vergleichbares Urteil trifft den Schriftverkehr von Ämtern und Behörden, „bei denen der Bürger anders als bei seiner Bank keine Wahl hat“. Das erkannte 1988 auch der damalige Juror Dieter von Amende Teodorescu. Auf die Frage „In welchem Bereich ist das Design-Defizit am größten?“ antwortete er: „Formulare-Gebrauchsanweisungen/Strom- und Telefonrechnungen/Computerausdrucke“
Im Gegensatz dazu ist in anderen Produktbereichen ein verändertes Designverständnis zu beobachten. Ende der 1980er Jahre nannte Charles Ash noch medizinische Geräte als einen Produktbereich mit fehlendem Design-Anspruch. Die positive Veränderung zeigt sich heutzutage nicht nur in Arztpraxen, Krankenhäusern oder beim Kauf von medizinischen Produkten, sondern auch an den Preisträgern im Red Dot Award: Product Design. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Produkte in der Kategorie „Life Science und Medizin“ ausgezeichnet. Beispielsweise wurden im Wettbewerbsjahr 2015 drei Gestaltungen mit der höchsten Einzelauszeichnung „Red Dot: Best of the Best“ bedacht: der Einmal-Katheter für Frauen „SpeediCath Compact Eve“, das digitale Kassetten-Röntgendiagnosegerät „FDR D-EVO II Series (C43, C35, G43, G35)“ und die elektrische Antriebshilfe für Rollstühle „JWX-2“. Zugute kommt zeitgenössischen medizinischen Gestaltungen zum einen ein hoher technischer Standard, der einen größtmöglichen Gestaltungsfreiraum gewährt, und zum anderen eine auf Inklusion ausgerichtete Gesellschaft.
Seit dem 26. Oktober 2015 haben etablierte Designgrößen, mittelständische Unternehmen und junge Talente erneut die Möglichkeit, ihre Innovationen ins Rennen um eine der begehrtesten Auszeichnungen der Welt zu schicken.
Red Dot Award: Product Design 2016 - Daten und Fakten
Anmeldephasen
Early Bird: 26. Oktober 2015 - 4. Dezember 2015
Regular: 5. Dezember 2015 - 26. Januar 2016
Latecomer: 27. Januar 2016 - 10. Februar 2016
Weitere Termine
Jurierung: Februar 2016
Red Dot Gala: 4. Juli 2016