Ling-Li Tseng & Serendipity Studio
Das Serendipity Studio besteht aus einer Gruppe von Architektinnen und Architekten mit Freude daran, Themen ins Räumliche zu übersetzen. In ihren Ausstellungsgestaltungen und Installationen werden selbst abstrakte Begriffe räumlich und sinnlich erfahrbar. Seinem Namen entsprechend geht es dem Serendipity Studio dabei nicht nur um kontrollierte Planung, sondern immer auch um das gewisse Maß an spontaner Kreativität und den Zauber des Unerwarteten
Interview mit Ling-Li Tseng & Serendipity Studio
Red Dot: Ihr Beitrag zur Taiwan Design Expo 2023 feierte Neu-Taipeh-Stadt. Was charakterisierte das Projekt?
Ling-Li Tseng & Serendipity Studio: Die Ausstellung betrachtete Neu-Taipeh-Stadt aus historischer Perspektive. Von seiner Küstenlinie aus wurde während der Zeit der großen Entdeckungen Taiwan als Insel kartiert. Neu-Taipeh-Stadt ist also nicht nur ein Anhängsel der Hauptstadt, sondern hat selbst historische Bedeutung. Wir haben extra einen Raum mit zwölf Meter hoher Decke gewählt, Steinkreise angedeutet und Display-Tische in Form mäandernder Flüsse verwendet, um die Besucher wieder mit diesem Landstrich zu verbinden.
Sie beschreiben die Ausstellung als „multisensorische Reise“. Wie haben Sie diese gestaltet?
Die Ausstellung beginnt mit sieben „Steinen“, großen räumlichen Displays, welche die Geologie rund um Neu-Taipeh-Stadt vergegenwärtigen. Projektionskunst und Sound-Design hinterlassen hier einen starken Eindruck, visuell wie akustisch. Für direkte taktile Erfahrungen wurden jedem Stein Texturen zugeordnet, für die „Fluss“-Zone extrahierten wir auch Gerüche. Die Besucher sollten das Narrativ der Stadt mit allen Sinnen erfahren.
Welche Rolle spielten interaktive Erfahrungen?
Wir wollten, dass die Ausstellung den Wunsch erweckt, Neu-Taipeh-Stadt zu besuchen. Deshalb zeigte das letzte interaktive Display eine Reihe von Fragen; basierend auf den individuellen Antworten generierte eine Software einen maßgeschneiderten Entdecker-Stadtplan mit Attraktionen, aber auch Geheimtipps, die nur Einheimische kennen. Das sollte die Ausstellung zum Ausgangspunkt von mehr Beschäftigung mit der Stadt und eines tieferen Verständnisses von ihr machen.
Sind Sie manchmal selbst vom Effekt und der Wirkung eines Projekts überrascht?
Während wir Raumgestaltung sehr gut am Computer simulieren können, bleiben Feinheiten wie Materialwirkung, sinnliche Erfahrung, aber auch, wie die Besucher sich bewegen, unvorhersehbar. Die Ausstellung wurde sehr gemocht und zog Besuchermassen an. Zuerst befürchteten wir, dass dadurch die Raumerfahrung gestört würde, aber die Besucher bewegten sich auf eine geordnete, wellenartige Weise und gaben ein dichtes, lebendiges Bild ab. Dieser Aspekt war für uns eine wunderbare Überraschung.