Uwe Melichar
Uwe Melichar, geboren 1968, studierte Kommunikationsdesign an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel und arbeitete 25 Jahre lang bei der Markenagentur FACTOR. Er war geschäftsführender Gesellschafter der Agentur und baute den Bereich Packaging auf. Im Jahr 2020 verließ er FACTOR und startete sein neues Unternehmen MELICHAR Bros. Unter dem Motto "Wert steigern, Abfall verringern" konzentriert sich das Unternehmen auf nachhaltige Verpackungslösungen. Uwe Melichar hat in seinem Berufsleben Projekte für adidas, Bosch, C&A, Gardena, Omron und Miele realisiert. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er Verpackungs- und Kommunikationsdesign für Kunden in Japan und Russland, China, die USA und verschiedene europäische Länder. Darüber hinaus ist er Dozent an mehreren Universitäten, wie z.B. der Universität Augsburg, Mitglied des Type Directors Club New York und Präsident der European Brand & Packaging Design Association (epda).
Red Dot im Interview mit Uwe Melichar
Red Dot: Sie fokussieren sich in Ihrer Arbeit auf nachhaltige Verpackungslösungen. Sehen Sie darin neben einer gesellschaftlichen Notwendigkeit auch eine große Zukunftschance für Kreative?
Uwe Melichar: Da wir es mit einem echten Paradigmenwechsel und großen Umbruch zu tun haben, sind kreative Lösungen unabdingbar. Als Designer können wir hier phantastische Arbeit leisten, wenn wir keiner Industrie oder Lobby verpflichtet sind und den weiten Blick auf das Feld haben. Eine holistische Betrachtung, das Knüpfen neuer Verbindungen und kognitive Fähigkeiten sind gefragt. Also ja, für Kreative ist das eine großartige Chance.
Worin liegen bei Verpackungen die größten Möglichkeiten einer nachhaltigen Umsetzung? Ist es das Material oder die Konstruktion oder die Verarbeitung?
Es heißt, dass etwa 80 Prozent der Entscheidungen, die zu einer nachhaltigeren Umsetzung führen, in der sehr frühen Entwurfsphase getroffen werden. Und hier spielen Material, Konstruktion und Umsetzbarkeit zusammen. Es reicht nicht, Material A durch Material B zu ersetzen! Wenn alle Kriterien bereits ganz am Anfang berücksichtigt werden, kann die Realisierung gelingen.
Welche neuen Materialien finden Sie derzeit besonders spannend?
Materialien, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren, sind für mich hochinteressant. Es gibt zum Beispiel das Biomaterial „Traceless“, das die Eigenschaften von Plastik besitzt, aber zum großen Teil aus Agrarabfällen besteht und biologisch abbaubar ist. Ein Sockenhaken von C&A ist das erste reale Produkt, das daraus besteht. Aber auch im Bereich von formbarem Papier – Paper Pulp und Paperfoam – passiert sehr viel. Besonders aus Finnland kommen tolle innovative Materialien und Verfahren.
Nachhaltigkeit ist sicherlich ein Verkaufsargument – wie kann eine Verpackung darüber hinaus am POS überzeugen?
Die Aufmerksamkeitsspanne der Kundinnen und Kunden in Ladensituationen ist nicht sehr hoch, umso wichtiger ist es, dass die Kommunikation der Produktbenefits klar und einfach ist. Was ist das? Was tut es für mich? Wie unterscheidet es sich von anderen Produkten? Darüber hinaus können weiterführende Informationen wie Inhalt, Verwendung oder Herkunft über einen QR-Code zugänglich gemacht werden. Die Vernetzung von physischer und digitaler Welt bietet im Verpackungsbereich noch viel Potenzial.
Eine rundum gelungene Verpackung …
… kommt mit so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig in puncto Material und Kommunikation aus.